· 

Käse und Wein – Ein Rückblick von Michael Kalenberg

«Zum Käse trinkt man Rotwein!» Solchen und weiteren Behauptungen wollten wir nachgehen und in einem Workshop den Teilnehmern die Möglichkeit geben selber heraus zu finden, welche Kombinationen von verschiedenen Weintypen und Käsesorten besonders Gefallen finden bzw. vielleicht eher zu vermeiden sind.

In den Räumen von mille vins, perfekt mit Küche, Gläsern und Tischgedecken ausgerüstet, trafen sich an zwei Abenden je 15 Teilnehmer um unter der Anleitung des Patrons, Urs Messerli, ans Werk zu gehen. Dazu hatten wir 12 Weine, zwei Fruchtsäfte und einen Cidre ausgewählt, sowie 11 verschiedene Käse. Die Fruchtsäfte und der Cidre wurden dabei im schwarzen Glas ausgeschenkt als «Piraten», bei welchen es heraus zu finden galt, was da tatsächlich degustiert wurde. Die Weine wurden für einmal nicht nach Rebe, Region und Winzer selektioniert, sondern nach ihrer Typizität: Wir haben verschiede Weintypen definiert (fruchtig, trocken/Restsüsse, elegant/breit, subtil, kräftig/aromatisch, jung/gereift, Holz/Stahltank, etc.) – ausschliesslich aus der Schweiz, um zu zeigen, dass es alle diese Weintypen tatsächlich auch in der Schweiz in schönen Qualitäten und zu bezahlbaren Preisen gibt. Die Käse wurden von Christoph Bruni aus Thun geliefert (vielen bekannt von seinem Marktstand auf dem Bundesplatz). Hier wurde bei der Auswahl – neben der hohen Qualität – ebenfalls Wert auf eine breite Palette an Käsearten gelegt: weich/halbhart/hart, jung/gereift, Kuh/Schaf/Ziege, Blauschimmel, etc.). Die allermeisten Käse kamen dabei auch wieder aus der Schweiz: vom Verzasca-Tal bis Rougemont und dem Jura reichte die geographische Herkunft (einen Brie haben wir aber dann doch aus der Originalregion Meaux bevorzugt!).

All dies ergab eine schier unüberschaubare Anzahl möglicher Genuss-Kombinationen, die etwas strukturiert wurde: Die Käse und Weine wurden in vier verschiedenen «Gängen» vorgestellt (je 3-4 Weine, je 3-4 Käse), dazu gab es Brot, gedämpfte Kartoffeln/Portweinfeigen und Tomatenchutney.
Jedes Mal nach der Vorstellung der Käse und Weine herrschte für 10-15 Minuten geschäftige Ruhe, es wurde probiert, getrunken, sinniert und notiert … Danach wurde das Geheimnis um den jeweiligen «Piraten» gelüftet und die Diskussion war eröffnet.

Es war schön zu sehen, dass es viele unterschiedlich Voten gab – von «das hätte ich ja nie geglaubt, wie gut das passt» bis zu «das geht ja gar nicht!“ war alles zu hören. Besonders der Cidre und die Fruchtsäfte lösten kontroverse Diskussionen aus, die meisten Teilnehmer konnten sich mit diesen nicht anfreunden. Ich vermute, dass dies wohl auch wegen den eher unerwarteten Geschmacksnoten war. Insgesamt konnte an beiden Abenden festgestellt werden, dass die Mehrheit der Teilnehmer eher zu den Kombinationen mit den Weissweinen tendierte.

Erstaunlicherweise waren es nicht die «üblichen verdächtigen» Weine, welche den grössten Zuspruch im Zusammenhang mit Käse erfuhren:

  • Besonders gerühmt wurde ein 2007er Dezaley (Chasselas) von Luc Massy, der es mit nahezu allen Käsen aufnehmen konnte – sogar mit dem sehr kräftigen 2017er Gruyère oder dem halbharten Schafskäse.
  • Ebenfalls grossen Zuspruch fand die Kombination eines jungen Gamay (2017-er von Les Hutins/Genf) mit Blauschimmel, Brie und sogar einem kräftigen Rotschmierkäse vom Rüeblihorn/Saanen).
  • Der leicht restsüsse, eher untypische Sauvignon Blanc von Hämmerli’s in Ins/BE, wurde überwiegend sehr positiv mit kräftigen bis zu rezenten Käsen beurteilt, obwohl der Wein für sich alleine eher kontrovers diskutiert wurd.
  • Auch ein 2017er Oeil des Roches (Rosé) von der Domaine Grillette/NE stand hoch im Kurs bei den Teilnehmern – sowohl in der Kombination mit feinen/frischen Käsesorten wie auch mit gereifteren/halbharten.


Aber auch die Liebhaber gereifter Weine fanden ihre Bestätigung (so z.B. ein fabelhafter 2011er Syrah von Didier Joris aus dem Wallis oder ein 2008er Pinot Noir aus Neuchâtel), die jedoch im Urteil der meisten Teilnehmer eher abfielen in der Kombinationsvielfalt.

Ein interessantes Votum zum Schluss noch. Ein Teilnehmer merkte ganz richtig bereits zu Beginn des Abends an, dass es bei der Beurteilung auch sehr auf die Art des Genusses ankommt: Isst man zuerst ein Stückchen Käse, geniesst dieses einen Moment lang für sich allein und trinkt dann einen Schluck Wein ist das Genusserlebnis ein ganz anderes, als wenn man den Schluck Wein zusammen mit dem Stückchen Käse im Mund hat und kaut… Probieren Sie es einmal aus – der Unterschied ist erstaunlich!

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Urs Messerli von der Vinothek mille vins für seinen Einsatz und die Führung durch den Abend, sowie bei Martin Zürcher und Marc Schwab, die zusammen mit Urs und mir geduldig für jeden der beiden Abende liebevoll 48 Teller mit Käse angerichtet haben!

Michael Kalenberg